Selbstverständnis

Selbstverständnis

Unser Corps, das Corps Rhenania in Tübingen, hat seit langer Zeit Bestand: Am 7. Juli 1827 fanden sich sechs Studenten der Eberhard-Karls-Universität Tübingen zusammen, um gemeinsam einen Bund lebenslanger Freundschaft zu bilden. Sie stifteten unser Corps, gaben ihm eine Constitution, also eine Art Verfassung, und wählten die noch heute als Fahne auf dem Turm des Rhenanenhauses wehenden Farben blau, weiß und rot.

Durch den Einsatz engagierter Corpsbrüder, wie sich die Mitglieder eines Corps freundschaftlich nennen, überstand das Corps die Wirren des 19. Jahrhunderts und des Ersten Weltkrieges. Nach einem vorübergehenden Verbot zur Zeit des Nationalsozialismus rekonstituierte sich das Corps nach dem Krieg bereits im Jahre 1949. Während der Jahre des Bestehens haben sich die äußeren Formen des Corps moderat gewandelt, ohne sich einem vermeintlichen Zeitgeist zu beugen. Vor allem die Maximen, nach denen unsere Stifter in- und außerhalb der Hochschule zu leben gedachten, sind heute noch lebendig!

Wer sind wir?

Unser Corps Rhenania zu Tübingen zählt heute über 320 Mitglieder. Man unterscheidet Aktive, Inaktive und Alte Herren:

Die Aktiven (Corpsstudenten in den ersten drei Semestern) sind die jüngsten Mitglieder der Verbindung. Sie leben – meistens zu Beginn ihres Studiums – in Tübingen auf dem Österberg in dem prächtigen Rhenanenhaus, dem Mittelpunkt des gesamten Corpslebens. Obschon sie die jüngsten Corpsbrüder sind, tragen sie die Gesamtverantwortung für den täglichen Corpsbetrieb. Hierzu gehören: Das Organisieren von Festen, Vortragsabenden und Kneipen, die Pflege des intensiven Kontaktes untereinander, zu anderen Verbindungen an verschiedenen Universitäten und zu den Alten Herren des eigenen Corps sowie die Sichtung und Auswahl unseres Nachwuchses für das Corps. Diese wichtigen Aufgaben haben die Aktiven neben ihrem Studium zu erfüllen. Denn wir erwarten und es ist Pflicht unter uns Corpsstudenten, daß wir in angemessener Zeit einen Abschluß des Studiums erzielen. Dabei zeigt sich, daß im Vergleich zu dem Durchschnitt aller Studenten in Deutschland unsere Corpsbrüder ihr Examen schneller und mit besseren Noten ablegen.

Nach drei Semestern Aktivität wird man zum Inaktiven und ist damit von den Pflichten des Aktiven entbunden. Die Inaktiven wechseln zum Abschluß ihres Studiums häufig in andere Universitätsstädte und kommen in der Folge regelmäßig und gerne zu den verschiedenen Veranstaltungen nach Tübingen zurück.

Wer schließlich einen Beruf ergriffen hat, wird Alter Herr. Unsere Alten Herren sind im gesamten Bundesgebiet wie im Ausland ansässig und nehmen in Beruf und Gesellschaft vielfach Führungsaufgaben und verantwortungsvolle Funktionen in verschiedensten Bereichen wahr. Sie helfen den jungen Corpsbrüdern mit Rat und Tat. Sei es Vermittlung von Praktika oder die Förderung von Auslandssemestern, für die Alte Herren eigens eine Stiftung ins Leben gerufen haben: Die Alten Herren haben in persönlichen Gesprächen immer ein offenes Ohr für die Belange der jungen Studenten und können oft wertvolle Unterstützung geben.

Worum geht es?

Das gemeinsame Leben innerhalb des Corps wird durch die 1827 festgelegte Maxime, die im Laufe der Jahre stets kritisch hinterfragt und weiterentwickelt wurde, noch heute nachhaltig bestimmt:

– “Nur durch Eintracht und wahre Bruderliebe wird wahre Fidelität gefördert.”
– “Nach unseren Grundsätzen muß es Pflicht sein für jeden Corpsbruder sich mehr auszubilden in sittlicher und wissenschaftlicher Hinsicht.”
– “Politische und religiöse Tendenzen sind unserem Corps fern.”

Teil unseres Corpslebens als Kösener Corps ist das studentische Fechten, durch welches wir bei aller Freude und unbeschwerter Ausgelassenheit auf dem Rhenanenhaus auch Disziplin und Selbstüberwindung trainieren und so die Gemeinschaft festigen. Das Fechten, wie es unser Corps heute gegenüber früher betreibt, ist so angelegt, daß ernsthafte Verletzungen ausgeschlossen sind.

Warum zu uns kommen?

Manch einer zögert, sich nur kurz nach Verlassen des Elternhauses, nach Ausscheiden aus der mit Zwängen verbundenen Zeit bei Bundeswehr, Zivildienst oder in einer Lehre freiwillig einer Gemeinschaft anzuschließen, die einem Pflichten und Aufgaben auferlegt und so scheinbar der viel gerühmten studentischen Freiheit beraubt. Aber entfaltet sich diese studentische Freiheit in einer kleinen Studentenbude? Oder etwa im anonymen Massenbetrieb der überfüllten Universitäten? Bei der ausschließlichen Beschäftigung mit dem eigenen Studienfach?

Die jungen Leute, die wir erreichen wollen und die zu uns passen, wollen viel mehr als nur ein schnelles Studium:

Das Leben auf dem Corpshaus und die Unterstützung durch die Alten Herren räumen ein Maximum an studentischer Freiheit ein. Die Durchführung des selbst gestalteten Semesterprogramms und das enge Zusammenleben auf dem Haus sind Herausforderungen, die ständige Auseinandersetzung mit anderen Meinungen und das Finden von Kompromissen erfordert. Wir üben demokratische Spielregeln und erlangen so das, was heute, gefaßt unter dem Stichwort “soziale Kompetenz”, ebenso wichtig ist wie fachliches Können. Organisations- und Redetechnik sowie die persönliche Auseinandersetzung mit interessanten Persönlichkeiten innerhalb und außerhalb des Corps sind nur einige der weiteren Erfahrungs- und Kenntnisvorsprünge, die wir durch unsere Corpszugehörigkeit erlangen. Firmenbesichtigungen bei Alten Herren, Seminare zu Rhetorik und Bewerbungsstrategien oder finanziell unterstützte Sprachkurse auf dem Haus fördern das persönliche Fortkommen. Durch engen Austausch mit den älteren Corpsbrüdern erfährt man nicht nur wertvolle Unterstützung bei Beginn des eigenen Studiums, sondern man gewinnt auch interessante Einblicke in andere Studienfächer.

Bei all dem bedeutet Corpsbrüderlichkeit für uns mehr als nur der gemeinsame Spaß und der Erfolg im Studium. Wir versuchen vor allem in schwierigen Lagen, freundschaftlich füreinander einzustehen und ein Leben lang in Kontakt zu bleiben.

Fühlst Du Dich angesprochen? Wir erwarten von unseren Corpsbrüdern Aufgeschlossenheit, Toleranz, gesellschaftliches Auftreten sowie den Willen, sich für die Gemeinschaft einzusetzen und Verantwortung zu übernehmen. Wer zu uns gehören möchte, der wird gefördert, aber auch gefordert. Dabei suchen wir nicht Uniformität, sondern die Vielfalt in Charakteren, Neigungen und Studienrichtungen. Dabei spielen weder Nationalität und Religionszugehörigkeit noch die Art des evtl. geleisteten Dienstes eine Rolle. Wirst Du unseren Anforderungen gerecht? Hast Du Interesse uns, das Leben auf dem Haus und das Corps unverbindlich kennenzulernen? Dann melde Dich bei uns. Sicher gibt es auch ganz in Deiner Nähe einen Inaktiven oder Alten Herren, der Dir in einem persönlichen Gespräch gerne weitere Fragen beantworten wird. Ruf uns an! Den lebhaftesten Eindruck jedoch gewinnst Du, wenn Du uns in Tübingen besuchst. Du bist jederzeit eingeladen, uns bei einem Fest, einem Vortrag oder einfach bei einem Mittagessen, das täglich auf dem Haus stattfindet, näher kennenzulernen. Dein Interesse und Dein Anruf bei uns ist vielleicht der Anfang einer lebenslangen und freundschaftlichen Verbindung – wir, die Tübinger Rhenanen, freuen uns auf Dich!